zur Erinnerung
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reden über ihre Erfahrungen und ihr Leben in der DDR

Das traurige Jubiläum der Puhdys Für Sie berichtet Thomas Reibetanz

Erschienen am 19.11.2019

Am 19. November 1969 treten sie im Freiberger Klub "Tivoli" zum ersten Mal unter dem Namen "Puhdys" auf:

  • Dieter Birr (Jg. 1944, Spitzname "Maschine"),
  • Dieter Hertrampf (Jg. 1944, "Quaster"),
  • Peter Meyer (Jg. 1940, "Eingehängt"),
  • Gunther Wosylus (Jg. 1944) und
  • Harry Jeske (Jg. 1937).
Damals spielt die "Ur"-Band der Puhdys allerdings Coverversionen ihrer Vorbilder wie beispielsweise Uriah Heep, Deep Purple und Led Zeppelin. Um im Hörfunk gespielt zu werden und im Fernsehen der DDR auftreten zu können, braucht die Band deutsche Texte und Eigenkompositionen. So entsteht 1971 der erste Hit der Puhdys "Türen öffnen sich zur Stadt", dessen Text der Lyriker Wolfgang Tilgner schrieb.

Kathrin Klüß und Ricky Kokel sind seit vielen Jahren treue Puhdys-Fans. Am Wochenende waren sie in Freiberg - weil das Tradition ist. Ein Konzert ihrer Lieblingsband werden sie aber wohl nie wieder erleben. Kathrin Klüß und Ricky Kokel sind seit vielen Jahren treue Puhdys-Fans. Am Wochenende waren sie in Freiberg - weil das Tradition ist. Ein Konzert ihrer Lieblingsband werden sie aber wohl nie wieder erleben.
Foto: MARCEL SCHLENKRICH

Freiberg.
Die Rock'n'Roll-Band The Firebirds tritt am heutigen Dienstagabend im Tivoli Freiberg auf. Bis vor vier Jahren war das undenkbar. Denn bis vor vier Jahren war der 19. November ein heiliges Datum im altehrwürdigen Konzert- und Ballhaus. Reserviert war der Termin für die Puhdys. Karten für die Geburtstagskonzerte waren schon im Vorjahr ausverkauft, aus ganz Deutschland pilgerten die Fans in die Stadt, in der alles begann. Auf der Bühne des Tivoli hatte die Band am 19. November 1969 ihren ersten Auftritt. Damals noch mit gecoverten englischsprachigen Liedern, die Frontmann Dieter Birr völlig text- und sprachunsicher irgendwie ins Mikrofon sang. Den Leuten gefiel es. Eine steile Karriere nahm ihren Anfang.

50 Jahre später stehen Kathrin Klüß und Ricky Kokel neben der Puhdys-Eiche am Tivoli. Die zwei Fans aus Dresden sind nach Freiberg gekommen - weil sie das seit vielen Jahren immer so machen, wenn die Puhdys Geburtstag feiern. "Das wollten wir uns in diesem Jahr nicht nehmen lassen, selbst wenn die Entwicklung traurig ist", sagen sie.

Die Eiche haben die Bandmitglieder 1994 anlässlich des 25. Geburtstages neben dem Tivoli gepflanzt. Gleich daneben steht der Puhdys-Gedenkstein. Auf einer Seite ist das Datum des ersten Auftrittes, auf der anderen Seite das der Baumpflanzung eingraviert. Zwei Seiten sind frei. Eine war für den Auftritt zum 50. Band-Geburtstag reserviert. Dass es zu dem nicht mehr kommt, liegt in erster Linie daran, dass die Band zerstritten ist. Warum, darüber hüllen sich die Musiker in Schweigen.

Bei den Geburtstagskonzerten, so wie hier im Jahr 2012, platzte das Tivoli in Freiberg immer aus allen Nähten. Bei den Geburtstagskonzerten, so wie hier im Jahr 2012, platzte das Tivoli in Freiberg immer aus allen Nähten.
Foto: Fotos (2): Eckardt Mildner/Archiv

Jahr für Jahr gab es in der "Geburtsstadt" der Band besondere Aktionen. Im Jahr 2011 wurde Freiberg sogar zur Puhdysstadt umbenannt. Jahr für Jahr gab es in der "Geburtsstadt" der Band besondere Aktionen. Im Jahr 2011 wurde Freiberg sogar zur Puhdysstadt umbenannt.

Gitarrist Dieter "Quaster" Hertrampf ließ in Interviews wissen, dass er mit den Puhdys abgeschlossen habe. Er ist mittlerweile als Solokünstler unterwegs, spielt bei seinen Konzerten viele ältere Puhdys-Titel. Eine "Freie Presse"-Anfrage für ein Interview zum 50. Geburtstag seiner ehemaligen Band ließ er unbeantwortet. Auch Schlagzeuger Klaus Scharfschwerdt, Keyboarder Peter "Eingehängt" Meyer und Bassist Peter "Bimbo" Rasym reagierten nicht.

Am 15. November 2015 gaben die Puhdys ihr letztes Konzert im Freiberger Tivoli. Am 15. November 2015 gaben die Puhdys ihr letztes Konzert im Freiberger Tivoli.
Foto: Harald Börner

Einzig Dieter "Maschine" Birr meldete sich. In erster Linie aber, um seine eigenen Projekte zu bewerben. Sein Album "Alle Winter wieder" erscheint am Freitag in einer neuen Auflage. Zum Jubiläum der Puhdys - mit der Band hat er 20 Millionen Tonträger verkauft und mehr als 5000 Konzerte gespielt - möchte er nichts mehr sagen. "Das Kapitel ist beendet", sagt Birr. "Wenn man 47 Jahre lang im gleichen Betrieb gearbeitet hat, will man sich ja auch mal verändern."

Birr war es, der schon vor der Abschiedstour der Band angekündigt hatte, sich Solo-Projekten widmen zu wollen - einer der Auslöser dafür, dass die Stimmung unter den Bandmitgliedern kippte. Ab sofort gab es zwei Lager. "Maschine" und der Rest. "Für uns Fans ist das eine schlimme Situation, denn wir sind Fans von allen. Wir wollen nicht auf eine Seite gezogen werden", sagt Ricky Kokel. Am heutigen Dienstag fährt er mit seiner Freundin nach Rostock. Die Band Stamping Feet, in der "Quasters" Sohn Sven Hertrampf spielt, hat ein Konzert mit Talkrunde anlässlich 50 Jahren Puhdys organisiert. Fast alle ehemaligen Puhdys wollen kommen, auch die Gründungsmitglieder Harry Jeske und Gunther Wosylus. Dieter Birr wird nicht dabei sein. "Die sollen mal machen", sagt er nur.


Quelle: Freie Presse


© infos-sachsen / letzte Änderung: - 22.01.2023 - 11:08